BERLINER MORGENPOST: Eine kluge Entscheidung der Verfassungsrichter Christine Richterüber das späte und überraschende Urteil im Fall Landowsky

Einmal mehr hat das Bundesverfassungsgericht für
eine Überraschung gesorgt: Es kippte gestern das Urteil zur Berliner
Bankenaffäre. Und rehabilitierte damit den ehemaligen Chef der Berlin
Hyp und früheren CDU-Fraktionsvorsitzenden Klaus-Rüdiger Landowsky.
Der 68-Jährige sagte gestern nicht viel, aber das, was er sagte,
drückt seine ganze Genugtuung und seine Missachtung der Berliner
Justiz aus. Verständlicherweise. Denn das Berliner Landgericht und
vor allem die Staatsanwältin Vera Junker – aktives SPD-Mitglied –
haben stets den Eindruck erweckt, dass Landowsky und einige andere
Bankmanager um jeden Preis verurteilt werden müssen. Vor allem die
Symbolfigur Landowsky, der bei vielen Menschen in Berlin als der
Übeltäter schlechthin, als Alleinschuldiger für die Bankenkrise gilt.
Viele Jahre wurde ermittelt, wurden Beweise gesucht, um Landowsky die
Schuld an den Problemen der Bankgesellschaft nachzuweisen. Der
Prozess dauerte zwei Jahre, im März 2007 wurde Landowsky dann
verurteilt – zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und vier
Monaten. Weil er und die anderen Manager Kredite genehmigt hatten,
die zu riskant waren, weil sie Warnungen ignoriert hätten, weil sie
der Bank geschadet hätten. Der Schaden? Dieser wurde – nun, das kam
Beobachtern auch schon in der damaligen Urteilsbegründung merkwürdig
vor – auf 1,5 Millionen Euro beziffert. In dieser Höhe, so das
Gericht, hätten Landowsky & Co das Vermögen der Bank gefährdet. 1,5
Millionen Euro? Musste die Bankgesellschaft – zu der die Berlin Hyp
zählte – nicht mit einer Milliardenbürgschaft durch das Land Berlin
gerettet werden, weil bei den Immobiliengeschäften so viel
schiefgelaufen war? Sie musste, deshalb erschien die vom Gericht
festgestellte Schadenssumme ja so unangemessen. Das
Bundesverfassungsgericht hat genau diesen Punkt jetzt auch
aufgegriffen: Es genügt eben nicht, dass man einen Schaden –
juristisch „Gefährdungsschaden“ – annimmt, man muss ihn auch
wirtschaftlich nachvollziehbar, also konkret darstellen. Die
Verfassungsrichter geben sogar den Hinweis, dass ein Sachverständiger
hinzugezogen werden müsse. Wie peinlich für das Berliner Landgericht
und die Staatsanwältin. Damit keine Zweifel aufkommen: Sicherlich hat
Landowsky im Jahr 2001 eine maßgebliche Rolle im CDU-Spendenskandal
und bei der Bankenkrise gespielt. Er hat die Spende der Aubis-Manager
angenommen, er hat als Berlin-Hyp-Chef eben diesem Aubis-Unternehmen
die Kredite mitbeschafft. Er war maßgeblich am Kurs der Berliner
Bankgesellschaft beteiligt, sich als Global Player zu gerieren und
unvorstellbare Rundum-sorglos-Fonds aufzulegen – am Ende konnte sie
nur mit Landesmitteln vor dem Aus gerettet werden. Das alles
rechtfertigt aber keinen politischen Prozess – weder gegen Landowsky
noch gegen irgendeinen anderen Manager. Das Bundesverfassungsgericht
hat eine kluge Entscheidung getroffen.

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