Beate Raudies: Zugang zu Bildung und Kultur darf nicht an den finanziellen Möglichkeiten Einzelner scheitern

TOP 6: Änderung des Bibliothekgesetzes (Drs-Nr.:
19/403)

Die Küstenkoalition hat vor anderthalb Jahren durch das
Bibliotheksgesetz erstmals einen rechtlichen Rahmen für die Arbeit
der öffentlichen Bibliotheken in Schleswig-Holstein geschaffen. Das
war schwieriger, als man meinen sollte, weil die meisten Bibliotheken
nun einmal nicht vom Land, sondern von den Kommunen getragen werden.
Bei allem, was wir an diesem Gesetz ändern, müssen wir uns darüber im
Klaren sein, dass wir Konnexität auslösen – und dadurch nachhaltige
Belastungen für den Landeshaushalt schaffen. Unsere Einschätzung über
die finanzielle Lage des Landes ist optimistischer als die der
Regierung. Und als Opposition gehört es zu unserer Aufgabe, die
Landesregierung darauf hinzuweisen, dass es alternative Möglichkeiten
gibt, Geld auszugeben. Der Gesetzentwurf des SSW hat daher unsere
Sympathie.

Der SSW hat dankenswerterweise den Finanzbedarf mit 2 bis 2,5
Millionen Euro jährlich angegeben. Ob das ausreicht, vermag ich nicht
zu sagen. Wir sollten im Rahmen der Anhörung klären, in wie vielen
Büchereien Gebühren für welche Dienstleistungen erhoben werden, wo es
Ermäßigungen oder Förderprogramme gibt. Ich denke, da wird uns der
Büchereiverein mit Zahlen, Daten und Fakten weiterhelfen können. Denn
es ist gut, dass wir in Schleswig-Holstein den Büchereiverein haben!
Andere Bundesländer beneiden uns um diese Institution – eine
Institution, die das öffentliche Büchereiwesen in Schleswig-Holstein
organisiert – mit dem Ziel einer flächendeckenden Versorgung der
Bevölkerung in allen Teilen des Landes. Darum begrüße ich auch
ausdrücklich, dass die Landesregierung die Förderung des
Büchereivereins wieder dynamisieren und damit für die nächsten Jahre
sichern will.

Bibliotheken wandeln sich. Die Bibliothek als reine Ausleihstelle
hat sich inzwischen überholt. Die Bibliothek als „Dritter Ort“ neben
dem Zuhause, der Arbeit oder Schule wird immer wichtiger. Es braucht
eine angenehme Aufenthaltsatmosphäre, etwa mit bequemen
Sitzmöglichkeiten und kostenfreies W-Lan. Und auch die
Veranstaltungsarbeit ist wichtig, um die Bibliothek als Treffpunkt
für alle Altersgruppen zu präsentieren. Die Ausleihe von Medien wird
künftig nicht mehr alleiniger Mittelpunkt der Bibliotheksarbeit sein.
Es ist also an der Zeit, sich nicht nur über die künftigen Aufgaben,
sondern auch über die künftige Finanzierung der öffentlichen
Bibliotheken Gedanken zu machen. Der Gesetzentwurf des SSW bietet
hierzu einen guten Ansatz.

Selbstverständlich sind wir mit dem SSW völlig einer Meinung, dass
„der Zugang zu Bildung, Kultur und Forschung nicht an finanziellen
Status des Einzelnen scheitern darf“. Wir sollten uns bei der
Beratung des Gesetzentwurfes in den zuständigen Ausschüssen einen
Überblick darüber verschaffen, ob die Satzungen der örtlichen
Bibliotheken dem Gesichtspunkt der sozialen Inklusion Rechnung
tragen, indem sie für Menschen in entsprechenden Bedarfslagen die
Beiträge ermäßigen bzw. auf Beiträge gänzlich verzichten. Wir müssen
klären, ob durch diese Gebührenregelungen Menschen von der Nutzung
der Bibliotheken ausgeschlossen werden, weil sie es sich nicht
leisten können. Wenn wir dort Defizite feststellen, müssen wir
prüfen, ob sie in erster Linie durch die kommunale Selbstverwaltung
zu beheben sind oder ob wir ein Leistungsgesetz des Landes brauchen,
um den Zugang zu unseren öffentlichen Bibliotheken barrierefrei zu
gestalten.

Vielleicht würde es als erster Schritt schon genügen, Herr
Innenminister, den Runderlass zur Haushaltskonsolidierung zu
überarbeiten. Dieser Erlass enthält unter der aktuellen Nummer II.6
den Hinweis auf die Höhe der Gebühren der öffentlichen Bibliotheken
und schlägt sogar die Erhebung einer zusätzlichen Gebühr für die
Ausleihe elektronischer Medien vor. Finanzschwache Kommunen haben
derzeit gar keine andere Möglichkeit, als Gebühren zu erheben. Und
mit Schrecken stelle ich mir vor, dass Gemeindevertretungen künftig
Gebühren für die Bibliothek erhöhen, um die weg-fallenden
Straßenausbaubeiträge zu kompensieren. Das darf nicht sein! Also, es
gibt eine Menge zu besprechen! Wir sollten den Gesetzentwurf deshalb
federführend dem Bildungsausschuss, mitberatend auch in die für die
Finanzen und für die Kommunen zuständigen Ausschüsse überweisen.

Pressekontakt:
Pressesprecher: Heimo Zwischenberger (h.zwischenberger@spd.ltsh.de)

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