Bretten, 30.01.2014 – Solange noch ein komfortabler Zeitpuffer vor ihnen lag, wähnten sich die Banken in Deutschland nahe an der kompletten Umstellung ihres Geschäfts auf die verschärften Eigenkapitalvorschriften nach Basel III. Nun trifft sie die Realität mit einem Schlag. Ihr Neukundengeschäft steuern nur 35 Prozent der Geldhäuser bereits voll nach Basel-III-Kriterien. 2012 hatten auch im Neukundensegment mehr Befragte (42 Prozent) angenommen, an dieser Stelle gut vorbereitet zu sein. Gestiegen ist dagegen die Anzahl der Institute, die nach eigenen Einschätzungen den Umsetzungsstand für Ihr Institut nicht genau einschätzen können.
„Die Einführung von Basel III gleicht einer Operation am offenen Herzen. Viele Details wurden erst im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens endgültig festgelegt, zahlreiche Änderungen kamen in letzter Sekunde im Rahmen des Trilogs in das Regelwerk“, sagt Ralf Zimpel, Leiter des Center of Competence Unternehmenssteuerung & Risikomanagement von msgGillardon. „Vor diesem Hintergrund bewerten Banken ihren Umsetzungsstand nun vorsichtiger. Sie wissen aus den Erfahrungen im Jahr 2012, dass auch jetzt noch viele Fragen offen sind.“ Darunter fallen die Finalisierung der Auslegungsbestimmungen zur CRR / CRD IV, die technischen Regulierungs- (Regulatory Technical Standards -RTS) und Durchführungsstandards (Implementing Technical Standards – ITS), sowie die Ausgestaltung der nationalen Wahlrechte.
Neben den Anforderungen des Gesetzgebers hat sich gegenüber der Studie 2012 auch das Marktumfeld anders entwickelt. „Strategische Maßnahmen zur Kompensierung der Basel-III-Auswirkungen insbesondere mit Blick auf die Fristentransformation, wie zum Beispiel Laufzeitverlängerungen bei Sparguthaben oder verkürzte Kreditlaufzeiten, werden von der Niedrigzinsphase beeinträchtigt. Die Nachfrage nach diesen Produkten bleibt schlicht aus“, erklärt Ralf Zimpel.
Ein Vergleich der Banktypen zeigt: Private Geschäfts- und Regionalbanken sehen sich am weitesten fortgeschritten bei der Umsetzung von Basel III – besonders bei Bestandskunden. Genossenschaftliche Institute und kleine Banken bleiben am Deutlichsten hinter den eigenen Ansprüchen zurück. Unabhängig hiervon besteht weiterhin ein enormer Nachholbedarf über alle Bankentypen und -größen hinweg – sowohl für das Neu- als auch für das Bestandskundengeschäft. Insgesamt ist noch nicht einmal die Hälfte der Institute nach eigener Einschätzung auf die verschärften Regelungen eingestellt.
Über die Studie „banking insight“
Die Studie „banking insight“ der Unternehmensberatung msgGillardon in Kooperation mit dem Handelsblatt untersucht künftige Geschäftsmodelle von Banken unter dem Einfluss des Regelwerks Basel III. Gefragt wurde unter anderem, inwieweit die deutschen Banken und Sparkassen ihre Steuerung bereits auf Basel III ausgerichtet haben und ob das neue Regelwerk zu einem veränderten Preis- und Geschäftsmodell der Kreditinstitute führt. Auch die Auswirkungen von Basel III auf konkrete Finanzprodukte standen im Fokus. An der Studie haben insgesamt 200 Fach- und Führungskräfte der deutschen Kreditwirtschaft teilgenommen. Die Studie wurde 2013 bereits zum zweiten Mal durchgeführt.
Weitere Informationen unter:
http://www.msg-gillardon.de/studie-2013