Befragung von 3.500 Versicherten in der Schweiz ergibt, dass der
Grossteil offen ist für zusätzliche Services jenseits der klassischen
Versicherungsleistungen
– Gut 40 Prozent der daran interessierten Kunden würden einen
Wechsel zu Anbietern mit einem Serviceökosystem in Erwägung
ziehen
– Mehr Services führen zu regelmässigen Interaktionen und
verstärken die Kundenloyalität
Telematikservices, Handwerkernetze, Gesundheitsprogramme: Immer
mehr Versicherer in der Schweiz sowie in vielen anderen Ländern
bieten ihren Kunden Dienstleistungen über die klassische Police
hinaus an. Durch den Aufbau ganzer Ökosysteme können sie sich in
Zukunft als Lösungsanbieter positionieren und damit die Loyalität
ihrer Kunden erhöhen. Das zeigt die Studie „Versicherer der nächsten
Generation: Die Servicerevolution“ der internationalen
Managementberatung Bain & Company, an der 172.000 Kunden aus 20
Ländern, darunter 3.500 aus der Schweiz, beteiligt waren. Demnach ist
in den drei Segmenten Auto, Gebäude und Leben jeweils mehr als die
Hälfte der befragten Schweizer offen für Ökosysteme. Gut 40 Prozent
der Interessierten würden dafür einen Wechsel ihres Anbieters in
Erwägung ziehen. Und viele wären sogar bereit, für diese zusätzlichen
Services höhere Prämien zu bezahlen.
„Das ist eine Steilvorlage für die Versicherer“, erklärt Dr.
Henrik Naujoks, Bain-Partner und Co-Autor der Studie. „Mit dem Aufbau
von Ökosystemen lässt sich endlich der gordische Knoten der Branche
durchschlagen. Denn bislang haben Kunden nur selten Kontakt mit ihrem
Anbieter.“ Tatsächlich erwirbt ein Kunde im Durchschnitt und weltweit
betrachtet nur alle drei bis sechs Jahre eine neue Auto-, Gebäude-,
Hausrat-, Kranken- oder Lebensversicherung. Und weniger als die
Hälfte interagiert zumindest einmal jährlich mit ihrem
Versicherungsunternehmen. Der Wettbewerb erfolgt daher gerade bei
Sachversicherungen vor allem über den Preis. „Mit mehr Services
können Versicherer häufiger mit ihren Kunden im Austausch stehen,
positive Erlebnisse schaffen und sich vom Wettbewerb abheben“, so
Naujoks. „Dadurch kann es gelingen, die Dominanz des Preises zu
brechen.“
Zusätzliche Services wirken sich positiv auf Kundenloyalität aus
Die zentrale Bedeutung regelmässiger Interaktionen zeigt der Net
Promoter® Score (NPS®) von Bain, der die Kundenloyalität misst. Bei
zumindest einem Kontakt in den vergangenen zwölf Monaten liegt der
NPS in der Sachversicherung 23 Prozentpunkte und in der
Lebensversicherung 22 Prozentpunkte höher als bei anhaltendem
Schweigen. Die höchsten NPS-Werte unter den Sachversicherern erzielte
die Schweizerische Mobiliar.
Zusätzliche Services, die über das klassische
Dienstleistungsspektrum hinausgehen, wirken sich positiv auf die
Loyalität aus. Schon wenn den Kunden nur ein Einziger dieser Services
angeboten wird, steigt der NPS etwa in der Autoversicherung im
Schweizer Branchendurchschnitt von 8 auf 26 Prozent (Abb. 1). Noch
grösser ist der Zuwachs, wenn diese Dienstleistung in der Praxis
überzeugt. „Der Erfolg zusätzlicher Services steht und fällt mit der
Qualität des Angebots“, betont Dr. Florian Mueller, Bain-Partner und
Co-Autor der Studie. „Nur mit ausgewählten Partnern, hohen Standards
und exzellenter Leistung kann sich die erhoffte Wirkung voll
entfalten.“
Fünf Erfolgsfaktoren für den Aufbau von Ökosystemen
Weltweit setzen immer mehr Anbieter darauf, ihr
Dienstleistungsspektrum auszubauen. Zu den Vorreitern zählt der
brasilianische Versicherer Porto Seguro, der Spitzenreiter im
nationalen NPS-Ranking ist. Er bietet seinen Kunden über ein Netz von
mehr als 20 eigenständigen Gesellschaften ein breites Portfolio an,
das von der klassischen Police über Handwerkerservices bis hin zu
Konsumentenkrediten reicht. Mit Blick auf solche Vorreiter hat Bain
fünf Erfolgsfaktoren von Ökosystemen erarbeitet:
1. Einzigartiges Leistungsversprechen. Vorreitern gelingt es,
durch kontinuierliche Weiterentwicklung ihres Ökosystems Nutzer immer
stärker einzubinden. Sie machen es Kunden so einfach wie möglich,
zwischen versicherungseigenen und -fremden Leistungen zu wechseln,
und fördern regelmässige Interaktionen.
2. Schnelle Skalierung. Versicherer sollten alles daransetzen,
durch ein intensives Marketing auf sämtlichen Kanälen alsbald eine
kritische Masse zu erreichen. Durch geschickte Partnerauswahl
bereichern sie ihr Ökosystem mit zusätzlichen Nutzern, Experten und
Daten.
3. Gemeinsame Nutzenmaximierung. Bei der Verhandlung der Verträge
sollte eine Win-win-Situation für alle Beteiligten geschaffen werden.
Nur wenn auch Partner und Kunden den Mehrwert erkennen, füllen sie
das Ökosystem mit Leben.
4. Intelligente Datennutzung. Durch künstliche Intelligenz lassen
sich Interaktionen personalisieren und auf die Bedürfnisse Einzelner
zuschneiden. Die Versicherer können mit den zusätzlichen Daten zudem
ihre Effizienz erhöhen, Prämien zielgenauer kalkulieren und die
Schadensprävention verbessern.
5. Einsatz agiler Methoden. Vorreiter konzentrieren sich in einem
ersten Schritt auf klar definierte Anwendungen, die sie über
Schnittstellen mit den Altsystemen verknüpfen. Allerdings kommt auch
unabhängig vom Thema Services kein Anbieter auf längere Sicht umhin,
seine IT zu modernisieren.
„Mit einem Ökosystem verändern Versicherungen nachhaltig ihre
Positionierung am Markt“, ist Bain-Partner Naujoks überzeugt. „Sie
werden für ihre Kunden vom Helfer in der Not zum Ansprechpartner im
Alltag.“ Eine differenzierende Servicestrategie durch den Aufbau von
Ökosystemen – sei es allein oder mit Partnern – ist neben der
Kostenführerschaft eine der zukunftsträchtigen Optionen im
Wettbewerb. „Den Ökosystemen gehört damit ein guter Teil der Zukunft
in der traditionsreichen Assekuranz“, so Naujoks. „Die
Servicerevolution hat begonnen.“
Net Promoter ® Score (NPS®)
Bain & Company misst die Kundenloyalität seit mehr als zehn Jahren
branchen- und länderübergreifend mit dem Net Promoter® Score (NPS®).
Diese Kennzahl ergibt sich aus den Antworten auf eine einzige Frage:
„Auf einer Skala von null bis zehn, wie wahrscheinlich ist es, dass
Sie Ihren Hauptversicherer einem Freund oder Kollegen
weiterempfehlen?“ Die Antworten werden drei Kategorien zugeordnet.
Dabei hat sich gezeigt, dass nur Werte von neun oder zehn für
wirklich loyale Kunden stehen („Promotoren“), sieben und acht Passive
sind und Bewertungen von sechs oder weniger als Kritiker eingestuft
werden müssen. Wird der Anteil der Kritiker von dem der Promotoren
subtrahiert, ergibt sich der NPS.
Über die Studie
Regelmässig ermittelt Bain & Company weltweit die Loyalität
privater Versicherungskunden sowie ihre Produkt- und Kanalnutzung.
Die Studie erfasst traditionell die Anbieter in den Sparten Sach und
Leben und erstreckt sich zum Teil auch auf Krankenversicherer. Für
die aktuelle Ausgabe wurden weltweit 172.000 Kunden in 20 Ländern
befragt, darunter 3.500 Kunden grösserer Schweizer Anbieter. Die
weiteren Länder sind Australien, Brasilien, China, Deutschland
Frankreich, Grossbritannien, Hongkong, Indonesien, Italien, Japan,
Kanada, Malaysia, Mexiko, Niederlande, Polen, Singapur, Spanien,
Südkorea und die USA. Auf Anfrage lassen sich Auswertungen für
einzelne Regionen, Länder oder Versicherungssparten erstellen. Die
hohe Grundgesamtheit der Befragten und die weltweit einheitliche
Fragenstruktur geben einen einzigartigen Überblick über aktuelle
Entwicklungen im globalen Versicherungsmarkt.
Pressekontakt:
Leila Kunstmann-Seik
Bain & Company Germany Inc.
Karlsplatz 1
80335 München
E-Mail: leila.kunstmann-seik@bain.com
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