In zwei ähnlichen Fällen waren beide Kläger Fluggäste der beklagten Fluggesellschaft. Bei dem von Auer Witte Thiel vorgestellten Fall ging es um eine Flugreise von Frankfurt am Main über Paris nach Bogotá (Kolumbien): Das Flugzeug sollte um 7.25 Uhr in Frankfurt starten und um 8.45 Uhr in Paris landen – der Weiterflug war für 10.35 Uhr geplant. Die Reisenden gaben ihr Gepäck bis Bogotá auf. Die Landung in Paris erfolgte daher fast eine Stunde verspätet um 9.43 Uhr. Die Folge der Verspätung: Für den Flug nach Bogotá wurden die Reisenden nicht mehr abgefertigt, weil der Check-In für den Anschlussflug bereits geschlossen war – erst am nächsten Tag konnten sie nach Bogotá weiterfliegen. Der Abflug in Frankfurt verzögerte sich allerdings wegen Nebels und des überfüllten Luftraums über Paris.
Wegen der verweigerten Beförderung verlangten die Kläger eine Ausgleichszahlung in Höhe von 600 Euro. Sie waren laut Auer Witte Thiel der Meinung, dass es sich um eine „Nichtbeförderung“ im Sinne der EU-Fluggastrechteverordnung handelt. Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht Köln wiesen die Klage ab, berichtet Auer Witte Thiel. Auch die Revision der Klage blieb vor dem Bundesgerichtshof erfolglos (Aktenzeichen: Xa ZR 78/08).
Die Reiserecht-Experten von Auer Witte Thiel stellen als Konsequenz des Urteils fest, dass die Kläger gegen die Beklagten keinen Ausgleichsanspruch nach der EU-Verordnung für Fluggastrechte haben. Laut Auer Witte Thiel muss ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen nach der Verordnung drei Voraussetzungen erfüllen: So muss der Fluggast nach Angaben von Auer Witte Thiel über eine bestätigte Buchung für den betreffenden Flug verfügen oder von einem anderen Flug, für den er eine solche Buchung besaß, auf den betreffenden Flug umgebucht worden sein. Außerdem muss sich der Fluggast pünktlich zur Abfertigung („Check-In“) begeben, sofern ihm nicht schon vorher die Mitnahme verweigert wurde. Anspruch auf Ausgleichszahlung nach der EU-Verordnung hat er nach Meinung von Auer Witte Thiel zudem, wenn ihm der Einstieg („Boarding“) gegen seinen Willen verweigert wird.
Auer Witte Thiel betont aber, dass diese Voraussetzungen gerade nicht erfüllt sind, wenn der Fluggast – wie im geschilderten Fall des Fluges von Frankfurt über Paris nach Bogotá – wegen der Verspätung des Zubringerflugs nicht rechtzeitig zur Abfertigung erscheinen kann und deshalb den Anschlussflug verpasst.
Darüber hinaus betont Auer Witte Thiel, dass die Entscheidung des BGH nur den von einem Verschulden der Fluggesellschaft unabhängigen Ausgleichsanspruch nach der EU-Verordnung betrifft. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen den Klägern ein vertraglicher Schadenersatzanspruch gegen die beklagte Fluggesellschaft zusteht, war nicht Gegenstand des Rechtsstreits, so Auer Witte Thiel.