Arzneimittelgesetz: Das Preisproblem bleibt ungelöst

„Sinnvoll und notwendig für das deutsche
Gesundheitswesen“, nennt Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des
AOK-Bundesverbandes, die Entscheidung der Koalitionsfraktionen für
transparente Arzneimittelpreise. Mit den neuesten Beschlüssen zum
Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz (GKV-AMVSG) bleiben
Arzneimittelpreise wie bisher auch öffentlich zugänglich. Mit Blick
auf die ursprünglich geplante Verfahrensordnung sei das die logische
Konsequenz gewesen. „Die Frage, wie sich geheime Preise umsetzen
lassen, wenn zahlreiche Stellen im Gesundheitswesen sie kennen
müssen, ist praktisch nicht vernünftig zu lösen“, so Litsch.

Für das Problem der Mondpreise halte das Gesetz weiter keine
Lösung parat. „Die Umsatzschwelle hätte ein erster Schritt hin zu
rückwirkenden Preisvereinbarungen sein können, auch wenn sie eher
Placebo-Wirkungen entfaltet hätte. Was wir in der nächsten
Legislaturperiode dringend benötigen, sind keine Platzhalter auf dem
Papier, sondern echte Regulierungsmöglichkeiten für die
Arzneimittelpreise im ersten Jahr nach Markteintritt“, sagt Martin
Litsch.

Positiv hingegen bewertet der AOK-Bundesverband, dass
wirtschaftliche Angaben Teil eines erweiterten
Arztinformationssystems sein können. „Wirtschaftliche Informationen
sind notwendig, damit Ärzte medizinisch sinnvoll und zugleich
wirtschaftlich verordnen können. Deswegen ist es wichtig, dass diese
Angaben Teil des Arztinformationssystems werden“, so Litsch.
Begrüßenswert seien außerdem die Verlängerung des Preismoratoriums
und die Informationspflicht der Pharmafirmen bei Lieferengpässen. Das
sollte jedoch nicht nur für Krankenhäuser gelten, sondern für alle
Versorgungsbereiche. „Mit den aktuellen Änderungsanträgen ist das
Glas des AMVSG aus meiner Sicht zwar halbvoll, aber das Getränk darin
schmeckt bitter.“

Kritisch hingegen sei vor allem, dass das AMVSG vom bisherigen
Prinzip der Nutzenbewertung abweicht. Arzneimittel ohne Zusatznutzen
müssen sich bei den Preisverhandlungen nicht mehr so eindeutig wie
bisher an der vergleichbaren Therapie orientieren. Im Zuge dessen
können Pharmafirmen ihre bisher verhandelten Erstattungspreise
kündigen und vom GKV-Spitzenverband umgehend neu verhandeln lassen.
„Dadurch könnten kurzfristig hohe Kosten auf die Gesetzliche
Krankenversicherung zukommen“, warnt Martin Litsch. Außerdem muss
zukünftig der Zusatznutzen von nicht-verschreibungspflichtigen
Arzneimitteln und solchen, die nur für Kinder und Jugendliche
erstattungsfähig sind, nicht mehr nachgewiesen werden. „Es gibt
keinen triftigen Grund, Arzneimittel aus der Nutzenbewertung zu
entlassen. Das gilt vor allem, wenn sie für Kinder und Jugendliche
eingesetzt werden“, so Litsch.

Unverständnis äußert der AOK-Vorstand auch über die Abschaffung
der Zytostatika-Altverträge. „Nicht nur, dass ab sofort die
intransparenten Beziehungsgeflechte zwischen Arzt und Apotheke
reaktiviert und unsere höheren Qualitätsmaßstabe an die
Zytostatikaversorgung zurückgedreht werden. Man erwartet von den
Krankenkassen, dass sie Versorgung gestalten. Hier werden
funktionierende wettbewerbliche Instrumente, die nachweislich zu
einer besseren Versorgung führen, einzelnen Lobbyinteressen geopfert.
Die Krankenkassen werden damit als verlässlicher Vertragspartner in
Frage gestellt. Das ist ein sehr schwerer Einschnitt für die GKV.“

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Dr. Kai Behrens
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