Richter sind leider nicht allwissend. Wer den
Einsturz des Kölner Archivs verschuldete, sei im Detail nicht völlig
zu klären, sagt der Vorsitzende der Strafkammer, Michael Greve. Und
bestraft wird nur jemand, dessen Schuld zweifelsfrei feststeht.So
weit, so korrekt, wenn auch unbefriedigend. Aber dann sagt Richter
Greve noch etwas, das stutzig macht: Das Gericht sei nicht nach der
Maxime verfahren, die Kleinen zu hängen und die Großen laufen zu
lassen. Wer das so betont, weckt Zweifel. Verjährung drohte. Von
einst 70 Beschuldigten blieben nicht viele übrig. Manche erkrankten.
Und einer bekommt es nun ab: acht Monate auf Bewährung sind keine
Kleinigkeit, vor allem nicht für die Psyche des Verurteilten. Wenn es
schlecht für ihn läuft, bleibt auch noch ein Milliardenschaden an ihm
oder seiner Firma hängen. Ein Zivilprozess, in dem das zu klären
wäre, ist zwar unabhängig vom Strafverfahren – im Prinzip. Aber nach
aller Erfahrung schwebt ein strafrechtlich bereits Verurteilter in
größerer Gefahr, in derselben Sache zivilrechtlich belangt zu werden,
als ein strafrechtlich Freigesprochener. Man kann also nur beten,
dass nicht der Falsche verurteilt wurde, weil er als Einziger gerade
greif- und angreifbar war. Unabhängig davon zeigt sich etwas
Allgemeinpolitisches. Ein Psychologe sagt, der Prozess bewege die
Kölner nicht mehr, weil alles so kompliziert sei. So scheint es
derzeit überhaupt zu sein. Dem Land geht es gut, aber alles wird
komplizierter, zu allem Übel sind auch noch Flüchtlinge da, schuld
sind „die da oben“, deshalb wendet man sich verdrossen ab oder wird
„Protestwähler“. Gefährlich.
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