Wohin die Reise am Nil geht weiß noch niemand. Ist
Ägypten auf dem Weg zu einem zweiten Iran? Oder hat bei der
vorläufigen Entmachtung des Militärs durch den Islambruder Mohammed
Mursi doch eher die Türkei Pate gestanden, sprich man steuert auf
eine Machtbalance zu, bei der die Armee zwar ihr Gesicht wahren kann,
auf Dauer aber an Einfluss verlieren wird? Nicht nur für Ägypten
selbst wird die Klärung dieser Fragen von zentraler Bedeutung sein.
Auch in anderen Staaten, in denen die Menschen ihre „Arabellion“
bereits hinter sich haben oder – wie in Syrien – sich gerade gegen
ihre Schlächter auflehnen, wird man sehr genau hinsehen, wie das
Spiel der Kräfte in Kairo ausgeht. Von außen darauf Einfluss nehmen
zu wollen ist ebenso fruchtlos wie überheblich. Natürlich muss man
deutliche Worte sprechen, insbesondere wenn es um den Schutz der
christlichen Minderheit geht. Und dass Israel sich mehr als alle
übrigen Länder inNahost für alle politischen Eventualfälle wappnen
wird und muss, ist eine Binsenweisheit. Die Zukunft der
80-Millionen-Einwohner-Nation wird dies aber nur bedingt
beeinflussen, der weitere Weg Ägyptens entscheidet sich
ausschließlich in Ägypten selbst. Nur zur Erinnerung: Die Rebellen am
Nil wollten keine Demokratie, sie wollten eine Zukunft, vor allem
eine ökonomische. Das ist das Problem, an dessen Lösung sie Mursi
messen werden. Und da er weder wie Teheran säckeweise Petrodollars
hat noch wie Ankara sich auf eine Boomwirtschaft stützen kann, sitzt
er noch lange nicht fest im Sattel. Fühlen sich die Ägypter weiterhin
von einer lohnenden Zukunft ausgeschlossen, werden sie sich auch
gegen ihre neuen Machthaber erheben, auch wenn diese statt Gewehren
Korane mit sich führen.
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