Allg. Zeitung Mainz: Noch immer Ebbe / Kommentar zu Draghis Rettungsplänen

Wer nach Mario Draghis vollmundiger Ankündigung,
„alles zu tun“, um die Lage in Euroland nachhaltig zu stabilisieren,
erwartet hatte, dass der Italiener gestern das Signal zum
unbegrenzten Fluten der Märkte geben würde, wurde enttäuscht. Denn
Draghi hat nur angekündigt, unter Umständen nur wieder das zu tun,
was die EZB im Mai 2010 schon getan hatte, nämlich erneut ein
Programm aufzulegen, um Staatspapiere aufzukaufen. Von „unbegrenzt“
ist da keine Rede. Das ist kein Wunder, denn Mario Draghi kann ohne
das Ja Deutschlands die Euro-Geldhähne gar nicht bis zum Anschlag
aufdrehen. Und in Deutschland muss die Kanzlerin auf den Segen des
Bundesverfassungsgerichts warten. Sein gestriges Signal sollte also
allein dazu dienen, die Zeit bis zum 12. September zu überbrücken.
Erst in gut einem Monat wird man wissen, ob die Karlsruher Richter
grünes Licht für die große Flut geben, mit der Euroland den Märkten
endlich und dauerhaft Herr werden kann. Solch eine Flut wäre
keineswegs das Ende aller Geldwertstabilität – sofern sie konsequent
und entschlossen von einem Regelwerk begleitet würde, mit dem die
hinlänglich bekannten Sünder so kontrolliert werden können, dass in
Athen, Madrid, Dublin, Lissabon und ja auch in Rom nicht mehr von den
auferlegten Sanierungsaufgaben abgewichen werden kann, ohne massiv
und schmerzhaft abgestraft zu werden. Bis dahin wird also noch viel
Zeit vergehen, Zeit, die die Italiener und Spanier immer weniger
haben. Denn seit gestern müssen sie soviel Zinsen zahlen wie noch
nie, weil Mario Draghi nicht „unbegrenzt“ gesagt hat.

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