Allg. Zeitung Mainz: Nicht nur Geld / Kommentar zur Rentendebatte

Dass die Nachricht, der zufolge immer mehr Menschen
auch im Rentenalter einer Erwerbstätigkeit nachgehen, sorgfältig
analysiert werden muss, ist selbstverständlich. Frau von der Leyens
Pläne für eine Zuschussrente sind bereits ein – wenn auch
einigermaßen gequältes – Eingeständnis der Bundesregierung, dass
Altersarmut zunimmt. Auf der anderen Seite gibt es aber auch rüstige
Senioren, die schlicht noch arbeiten wollen. Einfache Erklärungen
gibt es also nicht. Die Vielschichtigkeit der Problematik darf ihre
Aufarbeitung aber keinesfalls verhindern. Die Ursachenforschung muss
stattfinden, weil die „demografische Entwicklung“ – das ist
Politikersprech für „Vergreisung“ – uns alle immer stärker
beschäftigen wird. Aber die Debatte darf sich nicht nur um Zuschüsse,
Fondssparmodelle oder Rentenerhöhungen – also nur um Geld – drehen.
Das ist die Falle, in der wir heute schon stecken. Die
Ursachenforschung muss zumindest teilweise die totale Monetarisierung
des Lebens hinterfragen und über Werte reden, die wenig kosten, aber
auf lange Sicht viel bringen. Solidarität zum Beispiel: Wenn Familien
zum Auslaufmodell werden, sind immer mehr Ältere auf sich alleine
gestellt. Und dann braucht man eben Geld – oder neue Formen der
Solidarität, zum Beispiel neue Wohnformen. Und was man nicht oft
genug betonen kann, ohne sich dafür als Ewiggestriger abstempeln
lassen zu müssen: Die Stabilität der Alterspyramide beginnt an ihrem
unteren Ende. Wenn aber Kinder wegen mangelnder
Betreuungsmöglichkeiten – und dem daraus resultierenden Verzicht auf
Rentenansprüche garantierende Arbeit – zum Risiko für Altersarmut
werden, schließt sich ein weiterer fataler Kreis. Das Thema Rente hat
also eine tiefer reichende Debatte verdient und nicht nur wohlfeile
Schnellinterpretationen.

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