Allg. Zeitung Mainz: Kein Weg zurück / Kommentar zur Bologna-Reform

Wer heute, zehn Jahre nach Inkrafttreten der
Bologna-Reform, bei Studierenden, Unternehmen, Politikern und
Hochschulrepräsentanten nach den Erfahrungen mit Bachelor- und
Masterstudiengängen fragt, erhält ein sehr differenziertes Bild. Man
trifft auf Studierende, die mit den neuen Studiengängen prima
klarkommen, man trifft aber auch auf das genaue Gegenteil. Die einen
Personalchefs machen gute Erfahrungen mit den jungen Absolventen, von
anderen hört man, Bachelor-Absolventen seien unterqualifiziert. Und
wieder andere haben festgestellt, dass es den sehr jungen
Mitarbeitern doch an persönlicher Lebenserfahrung fehlt. Vom
politischen Hickhack ganz abgesehen. Ob die Reform ein Erfolg ist,
lässt sich kaum mit einem einfachen Ja oder Nein beantworten. Fakt
ist: Sie lässt sich nicht mehr rückgängig machen, auch wenn mancher
dem alten System – das ja auch nicht frei von Kritik war –
hinterhertrauert. Dafür ist der Prozess, in Europa einen gemeinsamen
Hochschulraum mit einheitlichen Abschlüssen zu schaffen, schon zu
weit vorangeschritten. Nachgebessert werden kann und muss in vielen
Details dennoch, zum Beispiel bei der Anzahl der Masterstudienplätze
oder den Anerkennungsmechanismen. Aber darüber hinaus, auch das lehrt
Bologna, ist ein grundsätzliches Nachdenken über das Tempo der
Bildung und die persönliche Entwicklung junger Menschen notwendig.
Der Trend, immer früher in die Bildungs-, Ausbildungs- und
Arbeitswelt zu starten und nahezu atemlos perfekte Lebensläufe zu
produzieren, wird früher oder später zu einem kollektiven Burn out
der Gesellschaft führen.

Pressekontakt:
Allgemeine Zeitung Mainz
Werner Wenzel
Newsmanager
Telefon: 06131/485980
desk-zentral@vrm.de

Weitere Informationen unter:
http://