Allg. Zeitung Mainz: Irritationen / Kommentar von Reinhard Breidenbach zum dritten Geschlecht

Es ist wie so oft: Das Bundesverfassungsgericht hat
ein gutes Urteil gesprochen, Politik und Interessenverbände wissen
aber nichts damit anzufangen, geschweige denn den roten Teppich, der
ihnen von Karlsruhe gelegt wurde, zu würdigen. Das Gericht hatte ein
drittes Geschlecht anerkannt, damit die Menschenwürde und das
Persönlichkeitsrecht vorbildlich gestärkt und zugleich deutlich
gemacht, dass Gesetze für die Menschen da sind und nicht umgekehrt,
und dass sich Gesetze mit fortschreitenden wissenschaftlichen
Erkenntnissen zu wandeln haben. Damit ist einerseits klar, dass
Diskriminierungen überwunden werden müssen, andererseits aber auch,
dass künftig nicht jedwede neue gesellschaftliche, in Sonderheit
sexuelle oder medizinische Denkrichtung wie von selbst
grundgesetzlichen Schutz beanspruchen könnte. Vor diesem Hintergrund
muss es schon irritieren, wenn die mit viel Vorschusslorbeeren in ihr
Amt gestartete Familienministerin Franziska Giffey (SPD) davon
spricht, geschlechtliche Vielfalt müsse gestärkt werden. Was genau
meint sie mit „Vielfalt“? Noch merkwürdiger mutet es an, wenn die
Grünen und die „Bundesvereinigung Trans*“ darüber klagen, dass für
eine Änderung des Personenstandes ein ärztliches Attest vorgelegt
werden müsse. Ärztliche Atteste, wenngleich meist einfacherer Art,
müssen bei enorm vielen Gelegenheiten vorgelegt werden. Ist das etwa
diskriminierend? Nicht zuletzt: Wenn ein Interessenverband
menschenrechtskonforme Regelungen in einem Gesetz einfach deshalb in
weiter Ferne sieht, weil das Bundesinnenministerium federführend ist,
dann ist das schlicht unverschämt.

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