Allg. Zeitung Mainz: Im Blick behalten / Kommentar zum Weltkindertag

Wer wollte dem Motto des diesjährigen
Weltkindertages in Deutschland „Kinder brauchen Zeit“ ernsthaft
widersprechen? Klar brauchen Kinder Zeit, es fragt sich nur: wofür?
Schon bei dieser simplen Frage liegen die Antworten meilenweit
auseinander, je nachdem, wem sie gestellt wird: Eltern, Lehrern,
Bildungs- und Erziehungswissenschaftlern, Psychologen, Vertretern aus
Politik und Wirtschaft oder gar den Kindern selbst – denn um die geht
es immerhin. Je nachdem also brauchen die Kinder noch mehr Zeit zum
Lernen oder für Förderangebote, für Musik, Sport und andere Hobbys,
noch mehr Zeit zum Faulenzen oder Daddeln am Computer, für
Unternehmungen mit der Familie oder mit Freunden. All die
Anforderungen, Möglichkeiten und auch Ansprüche, mit denen Kinder
heute konfrontiert werden und die es so vor 20 Jahren noch nicht gab,
lassen sich nicht mehr in einen 24-Stunden-Tag pressen. Nur einige
Gründe für dieses Dilemma: Eltern, die ihr einziges Kind als Projekt
betrachten, das erfolgreich „abgeschlossen“ werden muss, die
verkürzte Gymnasialzeit mit verdichtetem Lehrplan, ein wachsendes
soziales Ungleichgewicht in der Gesellschaft, das sich auf Schulen,
die Förderung von Kindern und die Situation der Familien auswirkt,
sowie die neuen Herausforderungen und Gefahren in einer
globalisierten, mobilen und digitalisierten Welt. Mit manchen
Entwicklungen müssen wir uns abfinden, weil sie sich nur noch schwer
oder gar nicht zurückdrehen lassen. Trotzdem bleibt es bei allen
Entscheidungen unsere Pflicht, die Bedürfnisse der Kinder im Blick zu
haben. Und vor allem müssen wir nicht in einer Art
Fortschrittsfatalismus jeden Mist kritiklos hinnehmen, der Kindern
heute zugemutet wird.

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Allgemeine Zeitung Mainz
Werner Wenzel
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