Allg. Zeitung Mainz: Feiner Riegel – Kommentar zur Bettensteuer

So fein kann Rechtsprechung sein: Mit seinem
gestrigen Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht die sogenannte
Bettensteuer dahin verschoben, wo sie hingehört: ins fiskalische
Gruselkabinett. Trennt es doch hintergründig zwischen privaten
Übernachtungen, bei denen eine Besteuerung weiterhin grundsätzlich
zulässig ist, und geschäftlichen, die künftig abgabenfrei bleiben
müssen. Mit der Konsequenz, dass jede Kommune, die nach wie vor eine
Bettensteuer erheben will, ab sofort zwischen privaten und
geschäftlichen Buchungen unterscheiden muss. Allein der Meldeaufwand
wird irrsinnig werden. Deshalb ist es gut, dass mit dem Richterspruch
der Steuer zwar nicht endgültig, aber doch wohl faktisch ein Riegel
vorgeschoben worden ist. Der Rückzug der Stadt Bingen, die in der
Region vorgeprescht war, spricht Bände. Das Urteil ist aber noch in
einer weiteren Hinsicht wichtig. Es setzt der nahezu unbegrenzten
Fantasie der öffentlichen Hand, auf immer neuen Wegen abzukassieren,
wenigstens punktuell höhere Hürden. Die Bettensteuer ist für diese
Fantasie exemplarisch: Mit dem offiziellen Namen
„Kulturförderungsabgabe“ wird versucht, den geschröpften Bürgern Sand
in die Augen zu streuen. Zweckgebundene Steuern gibt es – im
Gegensatz zuGebühren – inDeutschland nicht. Zwar ist es in Zeiten
leerer Kassen durchaus verständlich, wenn Kämmerer allerorten über
neue Einnahmemöglichkeiten nachdenken. Ironie des Ganzen: In Bingen
ist der Haushalt eigentlich solide. Dennoch wäre es dort wie überall
besser, wenn sich die politisch Verantwortlichen vor allem um
Ausgabensenkung bemühen würden. Die Wirtschaft ist imZweifel beim
Aufzeigen weiterer Einsparpotenziale gerne behilflich. Auch wenn sie
politisch noch so unbequem sind.

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