Allg. Zeitung Mainz: Eiskalt statt lupenrein / Kommentar zu Putin

Wladimir Putin habe sich „weicher“ geäußert als
früher, meint der Verteidiger der Frauen-Punkband Pussy Riot. Der
Anwalt geht auf Schmusekurs. Das ehrt ihn, denn es würde Putin nur
einen Anruf kosten, und die drei jungen Frauen fänden sich für Jahre
im Kerker wieder. Wladimir Putin war niemals weich, er ist es nicht,
und er wird es niemals sein. Der deutsche Ex-Kanzler Gerhard
Schröder, nach seiner Amtszeit auf der Gehaltsliste von Gazprom,
bezeichnete den Ex-KGB-Mann einst als „lupenreinen Demokraten“. Das
war entweder ein besonders übler Scherz oder aber eine perfide
Geschmacklosigkeit und Verhöhnung von Menschen, die auf Geheiß Putins
aus politischen oder ökonomischen Gründen hinter Kerkermauern
verschwanden, wie der einstige Oligarch Chodorkowski. Putin ist ein
eiskalter Taktiker. Pussy Riot sind populär, die internationale
Künstlerszene rebelliert gegen ihre Verhaftung. Dagegen ist der Fall
Chodorkowski in der Öffentlichkeit kaum präsent. Im Fall Julia
Timoschenko scheint Putin noch abzuwarten. Die frühere
Regierungschefin der Ukraine wurde zu sieben Jahren Haft verurteilt,
weil sie einen für Kiew angeblich nachteiligen Gasvertrag abschloss –
mit Putin. Sollte Moskaus Zar argwöhnen, dass auch nur ein Stäubchen
an ihm haften bleibt, wird der Kiewer Machthaber Janukowitsch
schweren Zeiten entgegen gehen. Nein, Russland ist alles andere als
eine Demokratie. Es ist schwer zu beurteilen, ob ab 1991, nach dem
Ende der 1922 gegründeten Sowjetunion, ein rascher lupenreiner
Demokratisierungsprozess überhaupt möglich war. Putin ist mächtig und
wichtig. Der Westen muss mit ihm rechnen und reden. Dabei muss die
Maxime lauten: Annäherung ohne Anbiederung.

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