Es gibt selten eine wirklich passende Gelegenheit,
um abzutreten. Selbst wenn sie da ist – nur wenige Politiker haben
sie in der Geschichte auch genutzt. Der Rücktritt von Hans-Dietrich
Genscher ist ein solches Beispiel. Der rheinland-pfälzische
Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) hat diese Chance verpasst. Dass er
einen Rücktritt weiter ablehnt, dürfte eine ganzes Ursachenbündel
haben. So zieht sich die Affäre um das Millionengrab in der Eifel
nicht erst seit Wochen, sondern seit Jahren hin. Genaugenommen seit
Herbst 2008, als öffentlich wurde, dass das Land rund 80 Millionen
Euro in die Schweiz hatte transferieren lassen – angeblich, um die
Nürburgring-Privatfinanzierung anzuleiern, die dann kläglich
scheiterte. Deshalb dürfte Beck versuchen, die schlimmste Krise
seiner Amtszeit einfach weiter auszusitzen. Denn trotz Pleiten,
Pech und Pannen blieben die Umfrageergebnisse für Rot-Grün in
Rheinland-Pfalz bis zur vergangenen Woche erstaunlich stabil. Der
Wähler, so vermutlich das Kalkül, beurteilt die Leistung der Mainzer
Landesregierung eben nicht nur unter dem Aspekt Nürburgring. Wird
schon Gras über die Ring-Pleite wachsen, denkt sich wohl mancher
Verantwortliche im Mainzer Regierungsviertel. Und offenbar sehen
viele Wähler noch immer nicht die CDU unter Julia Klöckner als
wirkliche Regierungsalternative. Womöglich bleibt Beck aus seiner
Sicht aber auch keine andere Wahl, als am Amt zu kleben. Der
dienstälteste Ministerpräsident Deutschlands kann und will so nicht
abtreten. Und seine möglichen Nachfolger haben noch nicht bewiesen,
dass sie der Nachfolge würdig sind. Doch es zählt jetzt nicht mehr,
von welchem Kalkül Beck womöglich geleitet wird. Der Schaden für den
Steuerzahler, für die Eifel, das Ansehen des Landes und die Politik
insgesamt ist immens. Sicherlich ging es Beck darum, die
strukturschwache Region in der Eifel voranzubringen. Aber nicht
alles, was gut gemeint ist, gelingt auch gut. Und der
Nürburgring-Ausbau, für den sich nie wirklich private Investoren
interessierten, war von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Doch
anstatt 2009 ehrlich eine Zäsur zu wagen und sich 2011 mutig dem
Wähler zu stellen, hat sich die SPD-Regierung von externen Beratern
ein angebliches Rettungskonzept stricken lassen, das im Chaos münden
musste – aber über die Wahl half. Wenn Ministerpräsident Kurt Beck
wirklich die Gesamtverantwortung für das Nürburgring-Fiasko
übernimmt, dann muss er sein Amt abgeben. Ansonsten wird er auf Dauer
zur Belastung für seine Partei.
Pressekontakt:
Allgemeine Zeitung Mainz
Angelika Dorweiler
Regionalmanager
Telefon: 06131/485814
desk-zentral@vrm.de
Weitere Informationen unter:
http://