Ärztetag: Pauschale Korruptionsvorwürfe demotivieren junge Ärztinnen und Ärzte

Nürnberg, 23.05.2012 – Die Delegierten des 115.
Deutschen Ärztetages in Nürnberg haben davor gewarnt, Ärztinnen und
Ärzte unter den Generalverdacht der Korruption zu stellen. „Um von
eigenen Versäumnissen und Missständen abzulenken, werden von Politik
und Krankenkassen Skandalisierungen initiiert, die das Vertrauen der
Menschen in ihre gesundheitliche Versorgung nachhaltig erschüttern“,
kritisierten die Ärztetagsdelegierten in einer Entschließung. Dadurch
werde billigend in Kauf genommen, dass die nachwachsende
Ärztegeneration abgeschreckt und viele engagierte Ärztinnen und Ärzte
in Klinik und Praxis demotiviert würden.

Der Ärztetag hat den Gesetzgeber aufgefordert, angesichts der
immer wieder formulierten Korruptionsvorwürfe gegen Ärzte, die
weitere Verrechtlichung des Arztberufes durch die Schaffung neuer
Straftatbestände und Sanktionsmöglichkeiten zu stoppen. Es gäbe
bereits ausreichende gesetzliche und berufsrechtliche Regelungen, die
etwa Zuweisungen von Patienten gegen Entgelt untersagen oder die
unzulässige Zusammenarbeit zwischen Leistungserbringern und
Vertragsärzten regeln.

Am Rande des Ärztetages hatte der Präsident der Bundesärztekammer,
Dr. Frank Ulrich Montgomery, Pauschalvorwürfe der Krankenkassen
zurückgewiesen, sogenannte Fangprämien bei Krankenhausüberweisungen
seien im Gesundheitswesen gängige Praxis. „Der Versuch der
Krankenkassen, zeitgleich zur Eröffnung des Deutschen Ärztetages,
eine Skandalisierung des ärztlichen Berufstandes zu initiieren, ist
gleichermaßen platt wie populistisch. Seriös wäre es gewesen, jeden
einzelnen Verdachtsfall umgehend der Ärztekammer zu melden, damit
diese eine sachliche und fachliche berufsrechtliche Überprüfung und
gegebenenfalls ein Berufsgerichtsverfahren einleiten kann.

Auch die Delegierten des Ärzteparlaments stellten klar, dass es
weder systematische Falschabrechnungen der Krankenhäuser gebe, noch
der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, wohl aber ein hochkomplexes
Abrechnungssystem mit weit mehr als 3000 Positionen im EBM und mehr
als 1200 Fallpauschalen. In diesem Zusammenhang warnte der Ärztetag
davor, den freiberuflich tätigen Arzt zum Beauftragten der
Krankenkassen zu degradieren und damit deren Monopolstellung zu
stärken. Eine höchstrichterliche Entscheidung in der Frage der
Amtsträgereigenschaften des niedergelassenen Vertragsarztes und somit
einer Strafbarkeit gemäß §§ 331 ff. StGB steht noch aus.

Das Ärzteparlament warnte aber: „Wenn Krankenkassen als
Auftraggeber des Arztes fungieren, ist dies nicht nur sachfremd,
sondern bedroht auch maßgeblich die Therapiefreiheit und beschädigt
damit nachhaltig das Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Arzt.“

Der Deutsche Ärztetag tagt vom 22. Bis 25. Mai 2012 in Nürnberg.
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