35 Jahre und kein bisschen leiser Die Deutsche Umwelthilfe feiert Geburtstag

Bildung von Modernisierer-Allianzen gegen
ökologischen Strukturkonservatismus als DUH-Markenzeichen –
Verknüpfung klassischer Naturschutzarbeit mit umweltpolitischen
Kampagnen – Immer wichtiger: Frühzeitige Einflussnahme auf politische
Prozesse – DUH-Spitze fordert Stopp des Bahnhofsprojekts Stuttgart 21
und ruft zu Großdemo gegen Laufzeitverlängerung von AKW am Samstag in
Berlin und zu Stromversorger-Wechsel hin zu Ökostromversorgern auf

Im Beisein des Radolfzeller Oberbürgermeisters Dr. Jörg Schmidt
begeht die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) heute an ihrem Stammsitz
am Bodensee ihren 35sten Geburtstag. 1975 unter dem vorläufigen Namen
„Deutsche Gesellschaft zur Förderung des Umweltschutzes e. V.“
gegründet, hat sich die Umwelt- und Naturschutzorganisation im Laufe
der Jahrzehnte zu einer unverwechselbaren, bei Freund und Feind
respektierten Stimme im Konzert der Natur- und Umweltbewegung in
Deutschland etabliert.

Dabei ist die DUH, die 2004 auch als klageberechtiger
Verbraucherschutzverband anerkannt wurde, ständig gewachsen. Heute
beschäftigt die Organisation über 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
an den Standorten Radolfzell, Berlin, Hannover und Köthen. „Was die
DUH im Laufe der 35 Jahre immer stärker ausgezeichnet hat, ist die
einzigartige und bewusste Verknüpfung von konkreter Basisarbeit im
Umwelt- und Naturschutz mit bundesweiten politischen Kampagnen zum
Schutz von Mensch, Natur und Umwelt“, sagt der Bundesvorsitzende der
DUH, Prof. Harald Kächele. „Wir haben gelernt, dass für reale
Fortschritte im Umwelt-, Natur- und Gesundheitsschutz beides
notwendig ist – das Engagement der Aktivisten vor Ort und die
politische Arbeit an den Rahmenbedingungen im Land, im Bund und immer
stärker auch auf der EU-Ebene“. Die DUH setze auf „nachhaltiges
Wachstum, auch in eigener Sache“, fügt Kächele hinzu.

Begonnen hatte Mitte der 1970er Jahre alles mit der bundesweiten
Förderung von Umweltbildungs- und Naturschutzprojekten. Im Jahr 1990,
zwei Jahre vor der Weltumweltkonferenz von Rio, startete die DUH ihr
damals ehrgeizigstes Bodensee-Umweltschutzprojekt, in dessen Rahmen
eine „nachhaltige Regionalentwicklung“ des Bodenseeraums initiiert
werden sollte. Hieraus ging die „“Bodensee-Stiftung für Natur und
Kultur“ ebenso hervor wie Ende der 90er Jahre die internationale
Umweltstiftung „Global Nature Fund“. Früh setzte sich die DUH für den
Schutz regionaler Wirtschaftskreisläufe ein. Der konsequente Schutz
von Mehrweggetränke-Systemen ist seit über 20 Jahren Markenzeichen
der DUH. 2003 war sie maßgeblich an der Durchsetzung des Dosenpfands
beteiligt, ohne dass das umweltschonende Mehrwegsystem heute
vermutlich nicht mehr existieren würde. Ein anderer Schwerpunkt der
Arbeit ist die Luftreinhaltung: 1998 startete die DUH eine Kampagne
zur Einführung schwefelarmer Kraftstoffe in Deutschland und seit 2002
das Bündnis „Kein Diesel ohne Filter“, das nach jahrelangen
Auseinandersetzungen schließlich den Widerstand der deutschen
Autoindustrie gegen den Dieselpartikelfilter brach und die Einführung
von Umweltzonen durchsetzte. Dazu trugen auch die
„Feinstaubkontrollen“ bei, die die DUH regelmäßig in den
Ballungszentren Deutschlands durchführte. Das Bewusstsein für das
drängendste Luftreinhalteproblem in Deutschland wuchs, heute gibt es
Umweltzonen mit eingeschränktem Zugang von Dieselstinkern in 42
Städten.

„Erfolgreicher Umweltschutz braucht heute Modernisierer-Allianzen
gegen den immer noch vorherrschenden Strukturkonservatismus in weiten
Teilen der Industrie“, erklärt DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch
den strategischen Ansatz der DUH. Leider reagierten viele Unternehmen
auf die Tatsache, dass Ökologie in der Mitte der Gesellschaft
angekommen sei, nur durch Scheinaktivitäten. „Das müssen wir
konsequent entlarven“, sagt Resch mit Blick etwa auf die aktuelle
Initiative der DUH, den Spritverbrauch und damit den Klimagas-Ausstoß
von Dienst- und Firmenwagen in Deutschland zu veröffentlichen. Auch
in der Politik gebe es zunehmend den Versuch, das neue
Umweltbewusstsein in der Bevölkerung nur scheinbar aufzunehmen und
ansonsten weiterzumachen wie bisher. Allerdings ließen sich die
„Bürgerinnen und Bürger immer weniger hinters Licht führen. Als
Beispiele nannte Resch das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 und den
Ausstieg aus dem Atomausstieg.

Reschs Kollege im Amt des Bundesgeschäftsführers, Rainer Baake,
ist überzeugt, dass Umweltorganisationen heute dann am
erfolgreichsten sind, wenn es ihnen gelingt, „frühzeitig Einfluss zu
gewinnen auf den politischen Prozess“. Natürlich müsse ein
Umweltverband falsche politische Entscheidungen gegebenenfalls auch
nachträglich kritisieren. „Aber der erfolgreichste Umwelt- und
Naturschutz ist der, der schlechte Gesetzgebung stoppt, bevor sie
Schaden anrichten kann.“ Der Versuch der Bundesregierung, die
Laufzeitverlängerung alternder Atomkraftwerke Arm in Arm mit denen
Stromkonzernen gegen die Bevölkerungsmehrheit durchzupeitschen, sei
so ein Beispiel. Die DUH habe deshalb bereits vor fast zwei Jahren
thematisiert, dass Atomkraftwerke in einem Stromsystem mit großen
Anteilen Erneuerbarer Energien keinen Platz haben. Heute sei der so
genannte „Systemkonflikt“ in aller Munde. Baake: „Die Sache ist
längst nicht entschieden und schon die Tatsache, dass die
Bundesregierung das nicht gleich nach ihrer Wahl durchgezogen hat,
ist ein klarer Erfolg der Anti-AKW- und Umweltbewegung“. Nun gelte es
weiter Druck zu machen. Bei der Großdemonstration, zu der Umwelt- und
Anti-Atomkraft-Organisationen für diesen Samstag nach Berlin rufen
(www.anti-atom.de); aber auch der Protest gegen die Konzerne, die den
Atomausstieg mit der rot-grünen Vorgängergierung vereinbart hätten
und nun wortbrüchig würden, müsse verstärkt werden. „Massenhafter
Stromversorger-Wechsel hin zu Ökostromern wie Lichtblick,
Elektrizitätswerke Schönau, Naturenergie oder Greenpeace energy ist
die Sprache, die die wortbrüchigen Atomkonzerne am Besten verstehen“,
sagt Baake.

Pressekontakt:
Prof. Dr. Harald Kächele, Bundesvorsitzender, Mobil: 0179 2283811,
kaechele@duh.de

Rainer Baake, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin; Mobil: 0151 55016943, baake@duh.de

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Fritz-Reichle-Ring 4, 78315
Radolfzell; Mobil: 0171 3649170, resch@duh.de

Gerd Rosenkranz, Leiter Politik & Presse, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Mobil: 0171 5660577,
rosenkranz@duh.de